Noch immer ist in unseren Städten das Auto vorherrschend

Radfahren in der Stadt - Ampelstart von oben © ADFC/Gerhard Westrich

Steigerung des Anteils der Nahmobilität

Der ADFC Kreisverband Gütersloh hat 2022 mit zehn weiteren Organisationen einen Bürgerantrag eingereicht. Das Ziel: Die Steigerung des Anteils der Nahmobilität (Fußverkehr, Radverkehr, ÖPNV, Sharing-Angebote) um 3 Prozentpunkte je Jahr.

Elf Gütersloher Organisationen haben im September 2022 eine Anregung bei der Stadt Gütersloh eingereicht, der

  • zur Steigerung des Anteils der Nahmobilität (Fußverkehr, Radverkehr, Öffentlicher Personennahverkehr, Sharing-Angebote) um 3 Prozentpunkte je Jahr verpflichtet,
  • zukünftige Maßnahmen in der Verkehrsplanung, Stadtplanung, Umweltschutz und Öffentlichkeitsarbeit primär an diesem Ziel orientiert,
  • eine regelmäßige Evaluation der Ergebnisse vornimmt, mind. alle zwei Jahre einfordert.

Begründung

Der motorisierte Individualverkehr verursacht unabhängig von der Antriebsform innerhalb und außerhalb der Stadt Gütersloh eine Vielzahl von Problemen.

Hierbei sind u.a. erwähnenswert

  • Klimaschäden, beim aktuellen deutschen Strommix auch durch E-Mobilität
  • Verkehrsunfälle
  • Lärm, Abgase, Feinstaub, Reifenabrieb
  • finanzielle Kosten durch Neubau, Sanierung und Betrieb des kommunalen Straßen- und Wegenetzes sowie sonstige Verkehrsflächen wie Parkplätze, Parkhäuser und Tiefgaragen
  • Flächenverbrauch und damit Flächenversiegelung durch parkende und fahrende Fahrzeuge
  • Ausbeutung von Rohstoffen

Auch externe Vorgaben müssen erfüllt werden und es ist ein Beitrag der Stadt Gütersloh hierzu erforderlich. Nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) müssen die Treibhausgasemissionen des Verkehrs bereits bis zum Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 2019 um 48% reduziert werden. Dies ist nicht allein durch eine Veränderung der Antriebsform beim Auto sowie eine ökologischere Stromerzeugung zu erreichen.

Es ist daher erforderlich, dass der Anteil des motorisierten Individualverkehrs reduziert wird und gleichzeitig der Anteil der Nahmobilitäts-Verkehrsmittel erhöht wird.

Zur Heranziehung der entsprechenden Verkehrsanteile wird in der Regel der sogenannte „Modal Split“ herangezogen.

Dieser wurde zuletzt für das Gebiet der Stadt Gütersloh im Rahmen einer Befragung der Bevölkerung im Jahr 2014 durch den VVOWL erhoben. Neuere Daten werden voraussichtlich im Frühjahr 2023 erhoben, eine entsprechende Ausschreibung seitens des Kreis Gütersloh inkl. der Stadt Gütersloh und weiterer Gebietskörperschaften läuft aktuell.

Die ermittelten Daten dieser neuen Befragung – gem. wissenschaftlich fundierter Standards - sollen die Basis für die Steigerung des Anteils der Nahmobilität dienen.

Die Daten von 2014 wurden u.a. im Masterplan klimafreundliche Mobilität veröffentlicht und die Nahmobilitäts-Verkehrsträger Fuß, Radverkehr und ÖPNV erreichen demnach – Stand 2014 – für das Gebiet der Stadt Gütersloh einen Anteil von 52,5% für die Anzahl der zurückgelegten Wege.

Verkehrsanteile für Kreis und Stadt Gütersloh
Verkehrsanteile für Kreis und Stadt Gütersloh © Planersocietät nach Daten von VVOWL

Nach den vom VVOWL erhobenen Daten aus dem Jahr 2014 werden 49,5% der Wege mit dem mobilisierten Individualverkehr zurückgelegt. Eine neuere Untersuchung aus dem Jahr 2023, erhoben vom Büro stadtVerkehr und der Stadt Gütersloh, geht sogar von einem Anteil des MIV von ca. 59% aus.

Dieser Anteil in Bezug auf die zurückgelegten Wege soll, auf Basis der im Jahr 2023 erhobenen Daten, um jährlich mindestens 3 Prozentpunkte gesteigert werden. Das Ziel erscheint sehr ambitioniert, wir müssen uns jedoch verdeutlichen, dass selbst dieses nicht allein ausreicht, um den bis 2030 gesetzlich erforderlichen Rückgang der Treibhausgasemissionen von 48% zu erreichen, sondern dass es darüber hinaus weitere Anstrengungen geben muss (z.B. gleichzeitige weitere Elektrifizierung und verbesserte Stromerzeugung; Ersatz insbesondere auch von den langen Wegen durch ÖPNV und Pedelecs).

Für den Fall von Verzögerungen bei der Durchführung der für 2023 geplanten Mobilitätsbefragung können auch die im Jahr 2014 erhobenen Daten - solange keine neueren Zahlen vorliegen - hilfsweise als Basis dienen.

Die folgende Grafik veranschaulicht die angepeilte Entwicklung für die Folgejahre auf Basis der zuletzt erhobenen Daten von 2014.

Ziele für die Verkehrsanteile
Die Grafik veranschaulicht die angepeilte Entwicklung für die Folgejahre auf Basis der erhobenen Daten von 2014. © ADFC KV Gütersloh

Die nebenstehende Grafik veranschaulicht die angepeilte Entwicklung für die Folgejahre auf Basis der zuletzt erhobenen Daten von 2014.

Verwaltung und Politik wird hiermit ein sehr flexibles Mittel gegeben, um besonders wirksame Maßnahme zu priorisieren. Durch die Zielvorgabe besteht ein klarer Auftrag, im Bereich Verkehr deutlich zugunsten von Maßnahmen für die umweltfreundlichen Nahmobilitätsverkehrsmittel umzusteuern.

Zur möglichst schnellen Erreichung der Ziele regen wir an, dass Verwaltung und Politik Maßnahmen im Bereich Verkehr, Stadtplanung, Umweltschutz und Öffentlichkeitsarbeit generell darauf prüfen, ob sie geeignet sind,

  • sowohl den Anteil des MIV zu reduzieren
  • wie auch gleichzeitig den Anteil der Nahmobilitätsmittel zu erhöhen

und besonders wirksame Maßnahmen hierbei in der Umsetzung zu priorisieren.

Eine Vielzahl denkbarer Maßnahmen sind dabei bereits im Masterplan klimafreundliche Mobilität enthalten. Die unterzeichnenden Gütersloher Verkehrs- und Umweltverbände können darüber hinaus zahlreiche weitere Maßnahmen benennen, die auf das entsprechende Ziel hinwirken und sind zur konstruktiven Mitarbeit bereit.

Um eine Kontrolle der Wirksamkeit zu erreichen, sind die Verkehrsanteile darüber hinaus regelmäßiger als mittels der bisherigen – recht aufwändigen und teuren - Befragungen zu erheben. Wir schlagen vor, über kontinuierliche Auswertungen von Zählstellen an Ampeln und neu zu schaffende Fahrradzählstellen die Anzahl der entsprechenden Fahrten zu ermitteln und über Hochrechnungen mind. alle zwei Jahre Veränderungen zu erfassen um zu erkennen, ob die jeweiligen Zwischenziele erreicht wurden. Eine wissenschaftliche Begleitung wäre hierzu wünschenswert.

Den Bürgerantrag hat der ADFC gemeinsam mit zehn weiteren Organisationen im Rahmen der Klimawoche 2022 bei der Stadt Gütersloh eingereicht. Der Bürgerantrag wurde in der Sitzung des Mobilitätsausschusses vom 17.11.2022 vertagt und steht erneut am 21. September 2023 auf der Tagesordnung.

Hierzu hat die Stadt Gütersloh unter der Nummer 346/2023 eine Beschlussvorlage erstellt.

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Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 220.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

    Im Kreis Gütersloh ist der Verein mit einem eigenständigen Kreisverband vertreten. Die ehrenamtlichen Aktiven im Kreisverband Gütersloh engagieren sich als Interessenvertretung im Kreis Gütersloh für die Belange der Radfahrer. Sie stellen Kontakt her zur Verwaltung und Behörden, präsentieren den Verein und seine Dienstleistungen an Info-Ständen und bieten jedes Jahr ein Angebot an geführten Radtouren an.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank deiner Mitgliedschaft – nicht nur Einfluss auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein.

    Für dich hat der ADFC-Mitgliedsausweis aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen. Du kannst deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhältst du mit unserem viermal im Jahr erscheinenden ADFC-Magazin „Radwelt“ Information rund um alles, was dich als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Darüber hinaus kannst du als ADFC-Mitglied bei allen geführten Feierabend-, Halbtages- oder Ganztagestouren des Kreisverbands Gütersloh und den meisten anderen ADFC-Verbänden kostenlos mitfahren.

    Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben.

    Bist du etwa noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass du auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.

    Passe daher deine Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalte dich vorhersehbar, indem du beispielsweise dein Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halte Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen.

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    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes.

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